Aus dem Teufelskreis aussteigen – Wie Eltern ihre Beziehung zum Kind verbessern

Leben im Teufelskreis

Im Idealfall ist die Familie ein sicherer Hafen: Hier sind Menschen, die uns sehr vertraut sind, die uns annehmen wie wir sind und mit uns ein Stück des Weges gehen. Doch manchmal ist das Zusammenleben alles andere als leicht: Das Kind verhält sich nicht wie erwartet. Rat- und Hilflosigkeit auf Seiten der Eltern ist die Folge. Wir nörgeln am Kind herum, schimpfen und strafen. Erfreuliche Eigenschaften und Verhaltensweisen werden nicht mehr gesehen. Das kann zu Trotzverhalten auf Seiten des Kindes führen. Es fühlt sich ungerecht behandelt und abgelehnt. Vielleicht denkt es: „Wenn mich alle für ganz schrecklich halten, wird es wohl stimmen. Dann bin ich halt die Nervensäge in unserer Familie“. In der Folge verschärfen sich die Verhaltensprobleme des Kindes. Die Kontrollversuche der Eltern werden rigoroser, der Lärmpegel steigt, man wirft sich hässliche Dinge an den Kopf, keiner fühlt sich wohl in seiner Haut.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Geraten auch Sie häufig in Auseinandersetzungen mit Ihrem Kind? Haben Sie die guten Seiten Ihres Kindes aus dem Blick verloren? Wenn diese Fragen auf Ihre Familie zutreffen und sie etwas daran ändern möchten, ist heute ein guter Tag gekommen, die Beziehung zu Ihrem Kind auf eine gute Grundlage zu stellen. Dieser Artikel soll Ihnen Anregungen geben, wie Sie die Atmosphäre in Ihrem Zuhause für alle spürbar verbessern können. Eine positive familiäre Grundstimmung ist das Grundgerüst jeder guten Erziehungsarbeit. Wenn es auf der emotionalen Ebene stimmt, wird Ihr Kind vieles besser annehmen können. Es wird einsichtiger und kooperativer. Eines ist sicher: Sie als Mutter bzw. Vater müssen den ersten Schritt machen.

An den Anfang zurückkehren

Wer in der Erziehung stark gefordert ist, kann das Mutter- bzw. Vatersein als Last empfinden. Wenn der Stress größer als die Freude zu sein scheint, ist ein Blick in die Vergangenheit von Nutzen. Wie war das, als Sie Mutter bzw. Vater geworden sind? Versuchen Sie dieses ursprüngliche Glücksgefühl wieder zu erleben. Schauen Sie sich Babyfotos oder Videos an. Gehen Sie zurück an den Ort, an dem Ihr Kind geboren wurde. Sprechen Sie mit Leuten, die Ihr Kind seit seiner Geburt kennen. Tauschen Sie Erinnerungen aus. Gehen Sie nachts ins Kinderzimmer und schauen Sie Ihr schlafendes Kind an, wie Sie es am Anfang seines Lebens getan haben. Ihr Kind ist heute größer, aber es ist derselbe Mensch, mit dem Sie schon viel Schönes erlebt haben.

Gedanken prüfen

Muss sich ein Kind Wertschätzung durch Liebsein verdienen? Ich sage, dass jedes Kind an sich liebenswert ist. Das Verhalten des Kindes sollte keinen Einfluss auf unsere Zuneigung haben. Jedes Kind will seinen Eltern Freude machen. Zeigt es unakzeptables Verhalten, so tut es dies, weil es das „bessere“ Verhalten noch nicht gelernt hat oder weil es den Nutzen dieses Verhaltens nicht kennt. Wir Eltern müssen immer wieder geduldige Lehrer sein. Erwarten Sie nicht zu viel von Ihrem Kind. Rechnen Sie damit, dass Sie vieles genau erklären müssen, was für Sie „logisch“ ist, dass Sie sich oft wiederholen werden und dass Ihr Kind am Ende trotzdem tut, was es selbst will. Kinder haben ein Recht auf eigene Erfahrungen. Ein Kind, das sich nichts sagen lässt, ist deshalb noch kein schlechter Mensch. Es ist nur anders. Eigensinn kann in dieser Gesellschaft von Vorteil sein: Querdenker erreichen neue Ufer; Angepasste bleiben Rädchen im Getriebe.

Sprache prüfen

Manche Sätze wirken wie Hammerschläge: „Du nervst“, „Was bist du blöd!“, „Du bist so etwas von trottelig“. Ein Kind, das Du-Botschaften dieser Art Tag für Tag hört, kann kein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln. Was sollte es diesen Anschuldigungen entgegen setzen? Für ein Kind ist es sehr schwer, die Rolle der Nervensäge, des Dummerchens oder des Tollpatschs abzulegen, wenn es sie immer wieder neu zugewiesen bekommt. Achten Sie auch auf Aussagen, die die Wörter „ständig“, „dauernd“ oder „immer“ enthalten, z.B. „Immer machst du Ärger bei den Hausaufgaben“ oder „Dauernd ärgerst du deinen kleinen Bruder“. Teilen Sie Ihrem Kind Ihre Beobachtungen mit, aber bleiben Sie stets bei der konkreten Situation: „Ich habe gesehen, dass du deinem Bruder ein Bein gestellt hast. Das ärgert mich. Ich will, dass in unserer Familie keiner dem anderen absichtlich weh tut.“ Geben Sie Ihrem Kind die Chance, sich bei nächster Gelegenheit anders zu verhalten. Trauen Sie ihm zu, dass es das wirklich schaffen kann.

In Kontakt treten

Zeigt ein Kind störende Verhaltensweisen, liegt die Ursache nicht selten darin, dass dem Kind zu wenig positive Aufmerksamkeit zuteil wird. Es will um jeden Preis beachtet werden. Manchen Kindern sind sogar elterliche Schimpf- und Strafaktionen lieber als überhaupt keine Zuwendung. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Eltern den Kontakt zu ihren Kindern verloren haben, wenn sie das Zusammensein, das Gespräch und das Spiel auf ein Minimum beschränken, vielleicht aus Furcht vor neuen Auseinandersetzungen. Unterbrechen Sie diesen Teufelskreis, indem Sie sich täglich mindestens eine halbe Stunde am Stück ausschließlich mit Ihrem Kind beschäftigen. In dieser besonderen Zeit des Tages lassen Sie sich auf die Spiel- und Gesprächsthemen Ihres Kindes ein. Alles andere kann warten. Schalten Sie den Anrufbeantworter ein, reagieren Sie nicht auf Türklingeln, seien Sie nur für Ihr Kind da. Achten Sie darauf, dass Sie Ihr Kind in dieser Zeit nicht zurechtweisen. Wenn die „Spiel-und-Spaß-Zeit“ regelmäßig stattfindet, wird sich die Beziehung zu Ihrem Kind spürbar verbessern.

Positives sehen und fördern

Für den, der im Teufelskreis gefangen ist, sieht die Welt düsterer aus als sie ist. Positives wird nicht mehr wahrgenommen, weil die Probleme Ihre ganze Aufmerksamkeit beanspruchen. Das Erkennen und Fördern guter Ansätze ist jedoch von zentraler Bedeutung, wenn eine verfahrene erzieherische Situation eine positivere Entwicklung nehmen soll. Mein Positiv-Tagebuch kann Ihnen helfen, erfreuliche Verhaltensweisen Ihres Kindes wieder zu sehen. Zusätzlich können Sie damit Ihre Reaktionen genauer unter die Lupe nehmen: Haben Sie Ihrem Kind für sein Wohlverhalten eine Extraportion Aufmerksamkeit geschenkt, es gelobt oder vielleicht sogar mit einer Kleinigkeit belohnt? Ihr Kind muss erfahren, dass es sich lohnt, den Erwartungen seiner Eltern zu entsprechen. Erwachsene machen selten etwas umsonst. Warum sollte das bei Kindern anders sein? Tragen Sie jede noch so kleine positive Beobachtung in das Tagebuch ein. Gerade am Anfang ist es wichtig, nicht zu viel zu erwarten. Was für andere Kinder selbstverständlich ist, kann für Ihr Kind ein Quantensprung sein.

Etwas für sich tun

Wer in der Kindererziehung stark gefordert ist, neigt dazu, eigene Bedürfnisse zu vernachlässigen. Kurzfristig macht das unzufrieden; langfristig kann ein regelrechter Groll auf das Kind entstehen. Das Kind trägt jedoch keine Schuld an unserem Ärger. Wir allein sind für unser Wohlbefinden verantwortlich. Zeit für Hobbys, Freunde und die Partnerschaft muss sein. Ein gelegentlicher „Urlaub vom Kind“ gibt uns den nötigen Abstand von einem anstrengenden Alltag. Wer einen Abend für sich hatte, kann am nächsten Tag gelassener reagieren. Wer sein Kind drei Tage nicht gesehen hat, fährt ihm mit Vorfreude entgegen. Das ist fast so schön wie das ursprüngliche Glücksgefühl. Sie meinen, dass Ihnen das ganz und gar unmöglich ist? Hören Sie auf, sich für unentbehrlich zu halten. Das ist eine typische „Mütterkrankheit“. Achten Sie auf sich, pflegen Sie die Beziehung zu Ihrem Kind und suchen Sie Kontakt zu Eltern in ähnlicher Lage.

Den Tag schön enden lassen

Jeder Tag kann ein neuer Anfang sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Streit vom Vortrag nicht am nächsten Morgen fortgesetzt wird. Nehmen Sie sich fest vor, jeden Tag mit einem Einschlafritual gemeinsam mit Ihrem Kind feierlich abzuschließen. Teilen Sie Streicheleinheiten aus, lesen Sie eine Geschichte vor, reden Sie über die angenehmen Erlebnisse des Tages und geben Sie einen positiven Ausblick auf den nächsten Tag. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und entschuldigen Sie sich für Dinge, die Sie heute falsch gemacht haben. Das erleichtert es Ihrem Kind, über eigene Schwächen nachzudenken. Sagen Sie Ihrem Kind, über welche seiner Verhaltensweisen Sie sich gefreut haben. Achten Sie darauf, dass Sie Ihre anerkennenden Worte nicht mit einem „aber“ kaputt machen, z.B. „Ich habe mich gefreut, dass du Max von deiner Schokolade abgegeben hast, aber es war nicht in Ordnung, dass du ihn danach getreten hast.“ Vorhaltungen am Abend stören die Nachtruhe; Lob lässt Ihr Kind gut schlafen und motiviert es, sich morgen noch mehr Mühe zu geben.

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